Das Auflisten von Dingen, für die es bereits zu spät ist, wäre ein ergiebiges Unterfangen und wesentlich produktiver, als sich auf der Suche nach Antworten den Kopf zu zerbrechen. Die Liste der inzwischen verpassten Chancen scheint unerschöpflich. Was jedoch offensichtlich erschöpft sein kann, sind wir. Die Rituale der Hoffnung, die geholfen haben, den ersten Ausbruch zu ertragen, sind Erschöpfung und Frustration gewichen. Eine allgemeine Ermüdung verbreitet sich, die trotz Andauern der Pandemie dazu führt, dass Menschen zu verschiedensten privaten und öffentliche Veranstaltungen und Versammlungen strömen.
Michael Hahn beschreibt den Zustand erschöpfter Frustration in Bezug auf das Gefühl verpasster Chancen: „Wenn du dich verirrst, wenn du zu spät dran bist, möchtest du vielleicht den Anderen die Schuld geben und dich auf die Zerstörung von dir selbst und anderen Menschen einlassen“. Ein Weg, dies zu korrigieren, besteht laut Hahn darin, die kleinen, magischen Momente den Tag hindurch zu verfolgen: „Wenn man die kleinen Wunder nicht sieht, kann man alles Große vergessen.“
Hinter der Kurve zu stehen, also scheinbar später als die meisten auf eine neue Idee zu kommen oder auf etwas zu reagieren, nachdem es bereits geschehen ist, ist die Ausgangsidee der Ausstellung Already Too Late. Eine Bewegung, die durchkreuzt wird, ein Absturz, ein – wenn auch nur vorübergehendes – Steckenbleiben oder gestrandet sein, findet sich in Arbeiten wie Tide und Tic-Tac. Immer wieder gibt es Anspielungen auf vereinfachtes Design, jedoch nicht um Rationalität auf das Wesentliche zu reduzieren, sondern vielmehr bei Objekten, die aus im Wesentlichen billigen, anpassungsfähigen Komponenten bestehen und für die Massenproduktion tauglich sein könnten. So entstehen Arbeiten, an denen das tägliche Leben als ein eigenständiges ästhetisches Artefakt neu aufbereitet wird. Sie folgen Hahns Wunsch, das Besondere im Alltäglichen zu erkennen.
„Neue, spannende Dinge bringen neue Ideen, neue Perspektiven und lösen so die entscheidenden Impulse auf dem Weg zu einem besseren Selbstverständnis aus. Ohne den Blick auf neue spannende, überraschende Dinge, nützt auch die größte Idee nicht zur inneren Befriedung und nur Ärger, Depression, Lebensverneinung bleiben bestehen. Die Komplexität des Alltags ist nicht das Problem. Schlechtes Urteilsvermögen, Mangel an Reflexion und gekaufte Dummheit fördern apokalyptische Bosheit.“ Besorgt, dass viele „bereits auf dem Weg zum Hass“ sind, konzentriert sich Michael Hahn in seiner Arbeit auf Momente der Erheiterung, Behaglichkeit und Zerstreuung. „Freundlich. Nicht zu viel Zerstörung. Etwas Spaß. Kein erhobener Zeigefinger. Nichts Didaktisches. Weg vom potenziell destruktiven Denken, wenn auch nur für einen Moment.“
– Elizabeth Gerdeman & Michael Hahn, 2020