Galerie b2

Ausstellungsansicht

Die Zeichnung ist für Bastian Muhr ein wichtiges, wenn nicht gar das wichtigste
Medium in seinem künstlerischen Schaffen. Punkt und Linie sind die Elemente
aus denen seine Bilder entstehen. Ein Punkt wird gesetzt, eine Linie gezogen,
eine Komposition, ein Bild entsteht. Jedoch versteht Muhr unter Zeichnung
nicht nur die Arbeit mit einem Graphitstift auf einem weißen Blatt Papier,
sondern die Zeichnung ist auch die präzise Setzung der Linie mit dem Pinsel
in Farbe auf Papier oder Leinwand.
Für den Entstehungs- und Findungsprozess ist wichtig, dass der Künstler die
Linien nicht stets frei mit der Hand von Punkt zu Punkt zieht, sondern mit
Lineal und Schablonen arbeitet, (Halb-)Kreise, geometrische Figuren, einsetzt.
Die Aura der klassischen Handzeichnung wird konterkariert und in Frage
stellt. Bastian Muhr sucht die (vollkommenen) Formen und kommt dabei immer
wieder auf den runden Kreis, Kreissegmente oder den Buchstaben »O«. In der
Malerei sind es oftmals Farbformen, die aneinander stoßen, Linien und Grenzen
bilden und räumliche Spannungen vermitteln.
In Muhrs Zeichnungen mit Graphitstift lässt sich sein methodisches und
systematisches Arbeiten sehr gut nachvollziehen. Der Künstler sucht Formen
und Figuren, er zeichnet nicht im klassischen Sinne nach der Natur, doch sind
seine Zeichnungen als Auseinandersetzungen mit der sinnlich wahrnehmbaren
Realität zu verstehen. Es sind Abbilder und Bilder von Ordnungen und
Strukturen, die nicht sichtbar sind. Bastian Muhr erfasst in den Zeichnungen
seine Wirklichkeit, den Bildraum und den Raum der Bildwirklichkeit. Bei seinen
großformatigen Papierarbeiten kann sich der Betrachter – je nach Distanz
zum Papier – eine eigene Topografie mit Falten, Verschiebungen, Windungen
und Bruchstellen formen. Das Gefühl von Übersicht löst sich auf. Die Linien
weisen in die Unendlichkeit. Ein entgrenzter Raum entsteht. Wobei Muhrs
Liniensetzungen stets der unmittelbaren Kontrolle unterzogen werden. Immer
wieder löscht der Künstler seine Linien mit dem Radiergummi aus und sucht
weiter das spezifische Bezug-und Koordinatensystem der Zeichnung. Das
Papier ist stark genug, die zahlreichen Korrekturen zu tragen, wobei Muhr
das Radieren nicht verbirgt, sie sind Teil seines Werkes. Der langsame
Findungsprozess wird offengelegt, das Auftragen wie das Abtragen, das Finden
und das Suchen. Das Verschwinden ist festgehalten. Das scheinbar mechanische
Zeichnen, das Abarbeiten von Linien und Variationen einer Liniensetzung, ist
kein gradliniger Arbeitsprozess. Darüber hinaus bekommen seine
Linienzeichnungen etwas Malerisches. Die Strenge, die Direkt- und Klarheit
der Linie wird in Frage gestellt.
Bastian Muhrs Werke sind eine Reflexion über die Wirklichkeit, er geht in
seinen Formen und Linien räumlichen und inhaltlichen Strukturen nach, wobei
seine Werke zwischen Abstraktion und Figuration pendeln. Er durchbricht
immer wider mit figürlichen Elementen die abstrakten Formen und umgekehrt.
Diese Spannung und Spannbreite fasziniert den Künstler und in diesem
Zwischenraum bewegen sich seine Bilder. Titel wie »Konfetti«, »Schwitzer«
oder »Malerhirn« sind ein hilfreiches Angebot, in das Linien- und Formengefüge
einzusteigen und sich auf die Bilder einzulassen. Sie sind eine Möglichkeit,
sich inhaltlich dem Bild zu nähern, doch sollte der Betrachter den Linien und
ihren Bewegungen folgen, denn dann stößt er auf eigene Inhalte, kann den
grenzenlosen Raum erfahren und Grenzen überschreiten.

Dr. Jeannette Stoschek

o.T., 2011
Öl auf Büttenpapier
70 x 90 cm
Ausstellungsansicht
o.T., 2011
Öl auf Büttenpapier
90 x 70 cm
o.T., 2011
Öl auf Büttenpapier
90 x 70 cm
Ausstellungsansicht
o.T., 2011
Öl auf Büttenpapier
90 x 70 cm
o.T., 2011
Öl auf Büttenpapier
90 x 70 cm
Ausstellungsansicht
Konfetti, 2011
Graphit auf Papier
190 x 148 cm
o.T. (Frühling), 2011
Graphit auf Papier
170 x 148 cm
o.T. (Frühling), Detail, 2011
Graphit auf Papier
170 x 148 cm
o.T.(Pimmel), 2011
Graphit auf Papier
90 x 70 cm
Schwitzer II, 2011
Graphit auf Papier
148 x 120 cm
Ausstellungsansicht