Galerie b2

Plastik in den Weltmeeren, chemische Giftstoffe im Grundwasser, radioaktiver Müll und andere menschliche Spuren sind allgegenwärtig im sogenannten Anthropozän, dem Zeitalter, in dem der Mensch zum bestimmenden Faktor für das globale Ökosystem geworden ist. Während vom politischen Standpunkt aus generalisierende Forderungen nach klimaregulierenden und umweltschützenden Maßnahmen immer lauter werden, nimmt zeitgleich die belastende Transformation der Erde im Namen einer beschworenen Wachstumslogik ihren Lauf. Überall und teilweise unwiderruflich hinterlässt der Mensch seine destruierende Signatur – in Städten, Erdschichten, Meeren, Bergen, Wäldern, Lebewesen und der Atmosphäre. Wo diese Spuren sichtbar sind, werden wir Zeugen teils tragischer, teils skurriler Kompositionen.

Die Gruppenausstellung Gespenster setzt sich auf dialektische Weise mit diesen Spuren auseinander. Gemeinsam ist ihnen eine radikale Faszination für die materiellen sowie ephemeralen Überreste und Abfallprodukte menschlicher Praxis in urbanisierten Lebensräumen. Durch die Zusammenschau eines kritisch-dokumentarischen und eines utopischen Blickes eröffnen sich neue Perspektiven auf die zukünftige Koexistenz von Mensch und Umwelt.

Lukas Treiber

Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt, 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier

Romy Julia Kroppe verhandelt das Sujet der Spuren in einem feingliedrigen Umgestaltungs- und Abstraktionsprozess durch Malerei, Fotografie, Collage- und Drucktechnik. Indessen nutzt sie manipulierte Fotografien, um ihre Aquarell- und Acrylmalereien durch eine Entfremdungsebene zu komplementieren. Dadurch entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen Wirklichkeit und Fiktion. Kroppes Forminteresse ist es geschuldet, dass die motivische Auswahl sich kaum auf Figürliches fokussiert, sondern Anordnungen menschlicher Überreste in vielfältigen Erscheinungsformen in der Landschaft ins Auge fasst. Derart, wie menschliche Rückstände sich auf unterschiedliche Weise über den Raum lagern, komplementierend eintragen oder kontrastreich
absetzen, erscheinen Kroppes Kompositionen Cretaceum und Strand Bühne in raffiniert-stimmigen Kontrasten, in denen deren Schichtungs- und Collagencharakter beinahe unsichtbar geworden ist. In der großangelegten Serie Asphalt untersucht Kroppe die landschaftsähnliche Farb- und Formenvielfalt, die aus der Interaktion von Benzin und Straße hervorgeht. Die in Regenbogenfarben schillernden Kontraste, die organischen Verläufe sowie harmonische Assemblage der Bildausschnitte lassen die thematisch zugrundeliegende Verschmutzungsproblematik zunächst in den Hintergrund treten, um sie kritischen Betrachtenden dann augenblicklich umso deutlicher vor Augen zurückzuführen.

Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Serie Asphalt , 2022
32 Bilder, 24 x 30 cm
Aquarell, Acryl, Acryltransfer auf Papier
Romy Julia Kroppe
Cretaceum, 2021
212 x 270 cm
Acryl, Acryltransfer auf Papier

Für Daniela Junghans steht die Naturerfahrung aus unmittelbar-urbaner Perspektive im Zentrum ihres Schaffens. Dieses reicht von exakter fotografischer und filmischer Dokumentation bis hin zur Malerei, in der Junghans Varianten von Abstraktion und Idealisierung taktil erprobt. Durch ein eigens entwickeltes Herstellungsverfahren raffiniert sie im Stadtraum gesammelte Pflanzenteile zu Farben, die sie manuell auf großformatiges Papier appliziert. Die Naturerfahrung erhält durch das händische Verfahren, das Tasten und Einreiben der Farbe auf den Untergrund eine zweite Dimension: Durch die körperlich-sensualistische Bezugnahme auf das abfällige Material, dass buchstäblich in die Arbeit eingeht, werden die impulsgebenden Eindrücke urbaner Gefilde in sublimer Weise in den Gestaltungsprozess integriert. Durch die Verwendung pflanzenbasierter Farben entstehen Flächen, die sich durch chemische Prozesse wandeln. Diese künstlerische Entscheidung zur Verwendung vergänglicher Gestaltungsmittel, wie sie in den Arbeiten Nr. 36 – Nr. 38 zum Ausdruck kommt, zeugt von einer Annäherung an natürliche Stofflichkeit, die etwas von dem Wunsch nach Versöhnung zwischen Mensch und Natur erahnen lässt, ohne die trennende Kluft dazwischen preiszugeben. Die Gegenstücke zu den idealistisch gefärbten Pflanzenmalereien repräsentieren Junghans ́ fotografische Arbeiten, die aus einer kritischen Beobachtung heraus entstehen und menschengemachte Prozesse der Entfremdung und des Eingreifens in die Sphäre des Pflanzlichen und Mineralischen dokumentieren.

Daniela Junghans
Annäherung, 2022
30×45 cm, Digitalprint auf Photo FineArt Rag
Daniela Junghans
ins Feuer starren, 2022
30×45 cm, Digitalprint auf Photo FineArt Rag
Daniela Junghans
Nr. 38, 2022
100×70, Digitalprint auf Photo FineArt Rag
Daniela Junghans
Nr. 37, 2022
100×70 cm, Digitalprint auf Photo FineArt Rag
Daniela Junghans
Nr. 36, 2022
150×100 cm, Pflanzenfarbe auf Papier
Daniela Junghans
aus der Serie Umgestaltung, 2019–2022
30×45 cm, Digitalprint auf Photo FineArt Rag
Daniela Junghans
aus der Serie Umgestaltung, 2019–2022
30×45 cm, Digitalprint auf Photo FineArt Rag
Made By Us: Abbau 14, 3. Sohle, 2021, je 90×60 cm, drei Leuchtkästen, Handvergrößerung Holz, Glas, LED, Alu-Dibond, Fototechnischer Film
Made By Us: Abbau 14, 3. Sohle, 2021, je 90×60 cm, drei Leuchtkästen, Handvergrößerung Holz, Glas, LED, Alu-Dibond, Fototechnischer Film
Made By Us: Abbau 14, 3. Sohle, 2021, je 90×60 cm, drei Leuchtkästen, Handvergrößerung Holz, Glas, LED, Alu-Dibond, Fototechnischer Film

So wie Gespenster, deren Anwesenheit wir spüren ohne sie zu sehen, haben auch die unscheinbarsten unter den menschlichen Spuren eine bedrohliche Wirkung. Richard Welz und Saori Kaneko gehen dieser Wirkung in ihrem Duoprojekt MADE BY US nach. Sie erforschen anhand von Fotografie, Malerei und installativen Projektionen die Möglichkeit bildgebender Verfahren, um unsichtbaren Phänomenen wie atomarer Strahlung zur Sichtbarkeit zu verhelfen. Ihre Arbeiten fungieren indessen als Mahn- und Denkmal. In der ersten gemeinsamen Arbeit nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima dienten ihnen Röntgenbilder zur grafischen Aufzeichnung von Radioaktivität in der Nähe des japanischen Kraftwerks. In Korrelation zu der Belastung der Umgebung haben sich auf dem strahlungssensitiven Röntgenfilm kleine Punkte oder ganze Flächen ausgebildet, die durch Einfärbung und Übertragung auf Dias projizierbar wurden. Vor dem Hintergrund dieses Initialprojekts sind schließlich auch die im Rahmen der Ausstellung Gespenster gezeigten Arbeiten Paradies und Abbau entstanden. Diese fokussieren den gegenwärtigen Umgang mit Endlagerstätten. Dazu blickt das Duo nach Morsleben, dessen konservierende Steinsalzkammern für ihre idealen Dämmeigenschaften bekannt sind und auf die Abraumhalde Ronneburg, durch deren Renaturierung ein scheinbares Heimatbiotop und fantastisches Naturparadies entstanden ist, unter dessen Oberfläche verborgen das taube Gestein weiterstrahlt.

Romy Julia Kroppe
Strand Bühne, 2022
212×270 cm, Acryl
Acryltransfer auf Papier
Made By Us: Horizont, 2015
200×400 cm
Cyanotypie auf Baumwolle