Draußen fliegt eine Landschaft vorbei, immer dieselbe, dieselbe immer anders. Die Landschaft, die da draußen da, immer da ist. Aber die Landschaft fliegt gar nicht, sondern da fährt ein Zug durch, und in dem Zug sitzt ein Körper mit Augen. Der Körper mit den Augen zieht durch die Landschaft hindurch und die Bäume und Türme, die Windräder und Wolken, die Flüsse und
Büsche strömen durch ihn, durch den Körper mit den Nerven- und Blutbahnen, hindurch. Er hält den Strom von Assoziationen nicht auf-, aber fest – wie ein Stenotypist: Striche, Kritzel, Kratzel und Krakel finden sich wieder sich auf
dem Papier, das der Körper mit den Händen auf den Knien hält. Das Gekritzel nimmt Fahrt auf. Auf zu einer Form oder von einer Form weg. Hin und weg. Wie die Wörter, die dem Körper mit den Händen durch den Kopf schießen, er weiß nicht warum, denkt sie einfach, ohne sie durchdacht zu haben. Die Wörter im Kopf des Körpers werden zu Gedanken, die Gedanken kehren auf
halbem Wege wieder um. Zurück zum Papier. der Körper reagiert auf seine Spur, spürt dieser Reaktion nach. Zieht nach! In welche Richtung bewegt er sich? Eindruck wird Ausdruck und Ausdruck wieder neuer Eindruck. Er sucht was. Was sucht er? Das soll nichts sein! Am besten, er kommt gar nicht erst zu einem Wort: Zeichnung, nicht Bezeichnung. Der Körper macht sich auf den Weg. Der Weg macht Arbeit. Die Suche geht zu den Dingen hin. Der Körper mit dem Geist konzentriert sich auf dem Weg in der Zeit und kommt so zu den Dingen, den Orten, an denen er sonst nur vorbeigezogen wäre. Ort und Zeit ein, die er durchzieht, verleibt er sich ein und kehrt die Entfernung um: die äußere Landschaft wird zur inneren und schlägt sich nieder auf dem Papier. Der Körper mit den Händen drückt seine Schulter an die Scheibe, weil der Zug sich in die Kurve legt. Es ist wichtig, dass er jetzt hier ist. Gedanken und Gefühle reisen im Körper mit. Er nimmt wahr, wie sie in ihm Raum einnehmen, nimmt ihn, den Körper, wahr: Raum einnehmend und Kaffee aufnehmend, atmend und einhaltend, summend und brummend. Er entspannt sich, konzentriert sich. Nimmt also sich wahr; wie er Druck aushält, ihn nicht aushält, wie er schwatzt und schmatzt, wie die Füße des Körpers mit dem Bauch einschlafen und wie er, der Körper mit den Füßen, Bauchschmerzen hat. Sich, ihn – den Körper, der alles macht und immer da ist, weil ernicht woanders sein kann, als wo er ist. Er ist hier. Bleibt in der Spur, aber offen, bleibt in der Spur, wiederholt und holt wieder, was da ist. Dreht und wendet, was auf ihn einfällt, macht sichtbar, was schon wieder weg ist. Er saugt eine Landschaft auf, spuckt sie in Strichen, Krakeln wieder aus. Spaltet sie auf in kleinste Teile, ent-scheidet, aber urteilt nicht. Der Körper lebt und zeichnet. Planvoll, ohne Taktik, mit Technik, im Takt, eventuell textuell, taktil. Draußen fliegt eine Landschaft vorbei.
Anna Herms