SPOTS stellt ausgewählte Arbeiten von Künstler:innen der Galerie vor. Die aktuelle Präsentation der fünf Werke von Caroline Hake wird begleitet von einem Text von Marcel Raabe und einem Ausschnitt eines Künstleringespräches mit Sergey Harutoonian (Kurator Kunstverein Hannover), das im Mai aufgezeichnet wurde. SPOTS zeichnet die künstlerische Entwicklung der präsentierten Künstler:innen nach und gibt so einen Einblick in deren Schaffens-und Entscheidungsprozess.
Deutsch
/
English
Die Künstlerin Caroline Hake richtet ihren Blick auf zentrale Orte der Gesellschaft. Die in SPOTS versammelten Arbeiten verbindet, dass sie den unsicheren Raum zwischen Wunsch und Erfüllung betreten, zwischen einem Anspruch an eine ideale Gesellschaft oder an sich selbst – und dem, was sich von diesen Ideen und Plänen tatsächlich verwirklichen lässt. Fernsehstudios, Hausfassaden und kommerzielle Räume spiegeln solche Visionen und Wunschvorstellungen.
Marcel Raabe, 2021
Marcel Raabe, 2021
Künstleringespräch mit Sergey Harutoonian, Kurator Kunstverein Hannover, 2021
In Monitor (1998–2003) sind es die Studiokulissen bekannter Fernsehshows, die eine farbenfrohe
virtuelle Umgebung erzeugen. Die in den Fotografien genau rekonstruierte Perspektive der TV-Kameras hält ohne die vor ihnen agierenden Personen das Profane der Kulissen fest. In diesem Mobiliar werden Spielshows präsentiert, aber auch die Nachrichten über die Geschehnisse in der Welt. Die Bühnen beeinflussen damit das Bild, das sich die Menschen von der Welt machen.
Wunschbilder werden oft von statusbeladenen Konsumprodukten verkörpert – zum Beispiel den
Autos auf millionenschweren Verkaufsmessen. In Candy (2008) glitzern die lichtinszenierten Präsentations-Designs auf den Lacken der ausgestellten Fahrzeuge. Spezielles Personal ist dafürzuständig, die glänzenden Oberflächen regelmäßig zu polieren. Es handelt sich um ein Theater,
ebenso wie bei den Studiokulissen um einen inszenierten Raum.
ABSTRACTS , Installationsansicht, Städtische Galerie Hannover, „Vom Hier und Jetzt“, Gruppenausstellung, 2013
3 Fine-Art Inkjet Prints
119 x 84 cm, 36 Fine-Art Inkjet Prints 60 x 42 cm, 32-teilige Diaprojektion, 2011
In diesem Sinne fragt auch die Serie Abstracts (2011) nach den Vorstellungen eines idealen
Zusammenlebens. Wie zeigen sich die ästhetischen und ideologischen Prämissen der
Reißbrettstädte in den Oberflächen und Fassaden? Den Siedlungen der 1960er- und 70er-Jahre sieht
man heute ihre Gebrauchsspuren an. Mit „Abstracts“ steht die Frage im Raum, ob sie die Erwartungen der Planer:innen und Bewohner:innen je erfüllen konnten.
Ausgehend von den Idealen einer visionären Stadtentwicklung der Moderne bis zu postmodernen
Fassadengestaltungen der Gegenwart führt die Serie Nonstop (2013) diese Perspektive weiter. Sie
dokumentiert die Bautätigkeit in Pariser Vorstädten: Der Zyklus von Werden und Vergehen reißt
nicht ab. Die Ideen kommen, materialisieren sich, und machen schließlich Platz für neue Ideen.
Marcel Raabe, 2021
Marcel Raabe, 2021
UPSIDEDOWN
UPSIDE DOWN, Installationsansicht,„Recreation“, Galerie b2_, 2018
6× 84×65 cm, 3× 100×67 cm, 3× 140×93,5 cm, Laser-Foliendrucke auf Glas, 2017
UPSIDE DOWN (2017) richtet den Blick in das Innere eines Gebäudes der Moderne. Seit 1972
versuchte die Integrierte Gesamtschule in Braunschweig mit ihrem Raum- und Gestaltungskonzept,
mehr Chancengleichheit herzustellen. 2016 musste das Haus einem neuen, kleineren Schulhaus
weichen. Dem Umbruch folgt ein Abbruch – dem wieder ein Aufbruch folgen kann.
In der Zusammenschau dieser fünf Bilderserien von Caroline Hake aus zwei Jahrzehnten wird sowohl die formale Weiterentwicklung der Künstlerin als auch die Historizität der von ihr dokumentierten Ideologien deutlich. Die „Spots“ liefern die Motive zur Reflexion individueller und sozialer Zustände zwischen hohen Erwartungen und einer nüchternen Bilanz. Sie gehen den materiellen Spuren der Divergenz zwischen Ansprüchen und der Wirklichkeit nach – im
privaten wie im gesellschaftlichen Sinne.