Thomas Geiger und die Kunsthalle 3000 im Gespräch mit Carolina Perez Pallares und Karoline Schneider
„Irgendwann habe ich begonnen, mich für die Diskrepanz zu interessieren, die zwischen Performance im öffentlichen Raum und deren Repräsentation in Institutionen und Museen liegt. Ich habe mich gefragt, was die ideale Institution für Arbeitsweisen im öffentlichen Raum wäre. Da kam dann die Idee, die Institution selbst als Intervention zu begreifen. Die Kunsthalle 3000 ist diese Institution als Intervention, die als immer wieder auftauchende Struktur, ohne fixen Ort, einen für Arbeiten im öffentlichen Raum Rahmen schafft.“
„Das Prinzip Kunsthalle war historisch eine Institution, die entgegen der großen Museen in kleinen Städten aufgetaucht ist, um dem Bürgertum Zugang zur Kunst zu ermöglichen. Die Frage war: Wie kann man den idealistischen Ansatz wieder aufgreifen und die Wände zwischen Gesellschaft und Museen wieder abbauen? So war auch klar, dass man diese Kunsthalle direkt in die Gesellschaft, direkt in den öffentlichen Raum platzieren kann und sollte.“
„Die erste Kunsthalle 3000 war in einem Park in meiner Nachbarschaft in Wien. Sehr versteckt, das war noch ein eher unzugänglicher Ort. Es war ein Experiment, was auch nicht unbedingt darauf angelegt war, fortgeführt zu werden. Das hat sich dann durch Zufälle ergeben. Ich hatte ein Stipendium in Johannesburg und war plötzlich mit einem ganz anderen Gefüge, wie öffentlicher Raum funktioniert und was öffentlicher Raum eigentlich ist, konfrontiert. Dort habe ich gemerkt, dass das Projekt ein gewisses Potential hat, denn es stellt nicht nur Arbeiten aus, es stellt eigentlich Konzepte von öffentlichem Raum selbst aus. Indem man ein Fragment von diesem nimmt und zur Institution erklärt, erklärt man auch diesen öffentlichen Raum selbst zum Kunstwerk mit all seinen Problematiken und seinen Vorzügen. Diese Ortsauswahl hat sich nach Johannesburg bei den folgenden Kunsthalle 3000 Projekten immer mehr präzisiert. Es geht im Prinzip um gesellschaftliche Wunden, wo diese Fragestellung, was bedeutet öffentlicher Raum in einer jeweiligen Stadt, für die jeweiligen Leute, mehr thematisiert werden kann.“
„Auf einem Platz auf dem Beyers Naudé Square habe ich dann die Kunsthalle 3000 in diesem kleinen Loch, wo die Pflastersteine gefehlt haben, stattfinden lassen. Da habe ich viel Neues über dieses Projekt gelernt. Durch die Herangehensweise der KünstlerInnen, die mich gelehrt haben, wie öffentlicher Raum in ihrer Stadt funktioniert, die bei mir zu Gast sind in dieser Kunsthalle, aber auch zu Gast in ihrer eigenen Stadt und auf ihren eigenen Wohnort zurück reflektieren konnten.“
„In Beirut im Stadtzentrum ist der öffentliche Raum eher negativ konnotiert. Dort sind die Räume, zu denen man sich den Zugang erkaufen muss, die bevorzugten Räume.Und im Zentrum gibt es diese Brache, die auch privatisiert ist aber zu der sich die Leute Zugang verschafft haben und sie als öffentlichen Ort nutzen. Diesen Ort zu nutzen in seiner Qualität als nicht öffentlicher und eben öffentlicher Raum war extrem spannend, extrem konfliktreich auch.“
Alle Zitate und Fotos © Thomas Geiger
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