Seit langem führt Bea Meyer Listen. Sie notiert Beiläufiges bis Elementares auf losen Blättern, Zetteln verschiedener Größe, in Heften; durcheinander, abgeheftet, lose, gestapelt, geordnet. Meyer hält Geschehnisse und Informationen fest, sammelt Daten. Sie zeichnet auf, zählt, dokumentiert, protokolliert.
„Landschaft und Listen“ zeigt Meyers Auseinandersetzung mit Form, Abbild und Bedeutung von Daten unserer Lebensrealität. Sie abstrahiert selbst erhobene Daten zu künstlerischen Formaten. Bewegungen, Kalenderinhalte und biometrische Daten verwebt sie miteinander in einer Reihe von Werken unterschiedlicher Medien zu einer Ausstellung. Stellvertretend an ihrer Person zeichnet Meyer Daten auf und überträgt sie in einen künstlerischen Kontext. Sie legt Bereiche ihres Lebens offen und reflektiert über Subjektivität, Neutralität und Abstraktion von Information und deren künstlerischen Wert. Wer und was bin ich als Individuum und als Teil einer abstrakten, Daten produzierenden Menge, die rund um die Uhr und den Globus ihre digitalen Spuren hinterlässt.
Quadratische, biometrische Bilder „L“ zeigen Konstellationen von Merkmalen, wie aneinander gereihte Satellitenbilder von Landschaften. Meyer vergrößert sie und überträgt sie, analogen Karten gleich, als gestickte Motive auf Papier. Mit der fortlaufenden Serie »RB« erstellt Meyer Muster ihrer Bewegung. Einem Seismografen gleich zeichnet sie die Vibrationen von Fortbewegung auf und entschleunigt sie in der Übertragung auf Stoff.
Ein Fokus der Ausstellung liegt auf Meyers neuer Arbeit „VOR“, einer in Buchform veröffentlichten persönlichen Datensammlung. Die Medienkünstlerin hat die letzen 15 Jahre ihrer Kalenderaufzeichnungen fortlaufend 1:1 ab getippt und zu einem Textteppich verdichtet. In „VOR“ reihen sich Zeichen und Zahlen aus dem Privatleben, der Arbeit und der Welt aneinander und fügen sich zu einer abstrahierten Partitur. Aus dieser entstehen die neuen Arbeiten: „VOR lesen“, „Rauschen“ und die Performance „VOR und sprechen“ in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Angelika Waniek. Meyer entwickelt Interpretationen und Modulationen aus der Verfügungsmasse ihrer Daten und erschafft einen, von einer eigenen Zeit und Gestalt bestimmten Raum:
Michael Grzesiak
Wandbild, Acrylfarbe
auf Anfrage
rotes Acetatgarn, gestickt auf Stoff
37 × 26 cm