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Einen Brief zu schreiben ist so gut wie unmöglich. Wie sollte es gelingen, sich mit einem Mal mitzuteilen ohne sich einzuschränken? Folglich ist ein Brief nur eine mögliche Fassung dessen, was man jemandem erzählen möchte. Er gibt die Gedanken und Gefühle der Schreibenden in einem bestimmten Moment wider. Und würde er im nächsten Moment anders lauten, wäre er nicht minder wahr. Schreibt man mehrere Briefe, kommt man einem genauen Ausdruck auch nicht zwangsläufig näher. Das schreibende Ich wird zwar in der fortlaufenden Erzählung erkennbar. Diese jedoch zerstreut sich nur allzu leicht, indem sie alltägliche Themen aufgreift und umkreist.

 

Die ausgestellten Arbeiten von Anna Vovan, Texte und Fotogramme, beschäftigen sich mit diesem Dilemma. Sie gehen auf das Buch Letters from Jenny zurück, in dem etwa hundertsiebzig Briefe einer alleinstehenden Frau veröffentlicht sind und vom Sozialpsychologen Gordon W. Allport interpretiert werden. Die Briefe berichten von einem zerrütteten Leben und der schwierigen Beziehung zwischen der Schreibenden und ihrem Sohn. Sie sind an ein Ehepaar adressiert, deren Antworten das Buch nicht enthält. Seite für Seite manifestiert sich der eigensinnige Charakter von Jenny, ihr starres Bild von der Welt, in der es vermeintlich nur Recht oder Unrecht, nur Gewissheiten aber keine Zweifel gibt. Die Ausführungen von Allport, die Jenny aus verschiedenen psychologischen Denkrichtungen heraus beschreiben, wirken ähnlich festgefahren.

 

Anna Vovan wählt einen anderen Weg. Sie bearbeitet Jennys Briefe durch Auslassungen. So entstehen an der Stelle von Behauptungen Lücken, die eine grundsätzlichere Erzählung zum Vorschein bringen. Diese handelt vom Versuch, sich mitzuteilen und das eigene Erleben für sich und andere greifbar zu machen.

 

Auch die ausgestellten Fotoarbeiten zeugen von dieser Suchbewegung. Es sind Lichtabdrücke von Dingen auf Fotopapier, die nur schemenhaft erkennbar sind und in einem diffusen Bildraum zu schweben scheinen. Sie ähneln jenen latenten Erinnerungen und Empfindungen, die sich von Zeit zur Zeit in unser Bewusstsein drängen, die sich jedoch weder in einem Text, noch in einem Bild ausdrücken lassen.

 

Franciska Zólyom, 2021

etc. (3), 2021
FineArt Prints von gescannten Lumenprints
45×33 cm, gerahmt, 3 + 1 ap
etc. (1), 2021
FineArt Prints von gescannten Lumenprints
45×33 cm, gerahmt, 3 + 1 ap
etc. (4), 2021
FineArt Prints von gescannten Lumenprints
45×33 cm, gerahmt, 3 + 1 ap
etc. (7), 2021
FineArt Prints von gescannten Lumenprints
45×33 cm, gerahmt, 3 + 1 ap